4500m² Park in Reudnitz abgeholzt – Studentenwohnheim an der Prager Straße wird gebaut

Vom Park übrig geblieben ist eine winzige Sitzgruppe direkt an der Kreuzung Prager Straße, hier ganz rechts.

Vom Park übrig geblieben ist nur eine winzige Sitzgruppe direkt an der Kreuzung Prager Straße.

Wie es aussieht, wenn eine gesamte Parkanlage mit einmal verschwindet, lässt sich jetzt am Thonberg in Reudnitz beobachten.
Die Oase mit der beachtlichen Fläche von 4500 m² wurde in der letzten Woche „für den Bau vorbereitet“. Im Zuge dessen wurden zuerst die Wege gesperrt und anschließend die Bäume gefällt. Vom Park übrig blieb eine winzige Sitzgruppe direkt im Kreuzungsbereich Mühlstraße / Prager Straße.

Geplant ist hier ein Studentenwohnheim mit 427 Wohneinheiten und ein Parkhaus mit 28 Stellplätzen zu errichten. Im Erdgeschoss zur Prager Straße sollen Gastronomie und Läden entstehen. Zur Mühlstraße ist 5-geschossige, zur Pragerstraße 7-geschossige Bebauung vorgesehen. Das Parkhaus soll um eine Dachterasse mit „Strandbar“ erweitert werden und wird seine Ausfahrt zur Stötteritzer Straße haben, genau gegenüber des dort befindlichen Kindergartens.

Investor des so bezeichneten “Flurstück 277” ist der über 70-jährige Druckerei-Besitzer Günter Widmann aus Karlsruhe. Grundlage ist der „Bebauungsplan Nummer 1“, der 1992 von der Stadt beschlossen wurde. Genaue Übersichten dazu finden sich im Fördergebietskatalog.

Der Park ist weg. Freier Blick zur Schulze-Boysen Straße und auf die Sternburg Brauerei.

Der Park ist weg. Freier Blick zur Schulze-Boysen Straße und auf die Sternburg Brauerei.

Es ist als höchst problematisch zu beobachten, dass hier wieder einmal eine intakte grüne Lunge zugunsten eines Neubaus vernichtet wird.
Stadtplanungsamtsleiter Jochem Lunebach verteidigt die Entscheidung mit Hinweis auf die in der Nähe befindlichen Erholungsmöglichkeiten im Friedenspark oder dem Lene-Voigt-Park. Dabei lässt er außer Acht, dass diese Grünanlagen bereits heute an ihre Kapazitäten stoßen, wenn an schönen Tagen tausende Menschen dort Erholung suchen.

Im vorliegenden Fall hatte die Stadt Leipzig, als ehemaliger Eigentümer des Parks an der Prager Straße, dessen Erhalt bis zuletzt in der Hand. Erst im Jahr 2012 hat sie das Grundstück für knapp über eine halbe Millionen Euro an den jetzigen Investor verscherbelt.

Obwohl günstiger Wohnraum in Leipzig dringend benötigt wird, gibt es im Leipziger Südosten, noch immer viele unsanierte, sogar unbewohnte Häuser. Deren Instandsetzung sollte Priorität vor der Abholzung von Grünflächen haben.

Für die Bewohner der umliegenden Häuser ändert sich jetzt alles. Sie hatten sich mit einer Unterschriftenaktionen gegen die Pläne zur Wehr gesetzt, leider vergebens. Blickten sie bisher auf eine Grünanlage, werden sie in Zukunft nur noch in eine dunkle Häuserschlucht und an die Wände des Studentenwohnheims sehen.  

4500m² Park an der Prager Straße wurden dem Erdboden gleich gemacht.

4500m² Park an der Prager Straße wurden dem Erdboden gleich gemacht. Bild anlicken für große Ansicht.

An der Prager Straße ist der Zug offensichtlich abgefahren.  Anderen Ortes ließe sich, den notwendigen Willen bei den Leipziger Amtsträgern vorausgesetzt, der Kahlschlag noch verhindern.

So ist der Leopoldpark in Connewitz noch immer akut von der Vernichtung bedroht. Er hat mit 5600m² eine vergleichbare Ausdehnung und ist in seiner Funktion als Spielplatz, Erholungsort und grüne Lunge für die Bewohner nicht mehr weg zu denken. Für die Parkretter in Connewitz wird es aller höchste Eisenbahn, wenn sie ihren Leopoldpark dieses Schicksal ersparen wollen. Leider ist von der Initiative nach einem spektakulärem Start vor einem Jahr und mittlerweile 1000 Fans auf Facebook, nicht mehr viel zu hören gewesen.

Aber auch der Stadt Leipzig fehlt offensichtlich das Bewusstsein für den tatsächlichen Wert der kleinen Parkanlagen und ihrer Funktion als Mikro – Klimaanlagen innerhalb der Stadt.
Leipzig braucht endlich ein starkes Netzwerk, das ausreichend Druck aufbaut, damit sich bei der Stadtplanung hinsichtlich Erhalt solcher Parks grundlegend etwas ändert.

Andernfalls werden wir noch etliche Grünanlagen, zugunsten von Betongold, auf Nimmerwiedersehen verlieren.

5 Kommentare zu “4500m² Park in Reudnitz abgeholzt – Studentenwohnheim an der Prager Straße wird gebaut

  1. Leider muss man das Roden vom Bäumen und Sträuchern jedes Jahr in Leipzig beobachten. Ich kann nicht erkennen wo und wie dafür Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden. Das hier ist ja recht große Fläche, aber auch die kleinen Mini-Oasen werden oftmals ohne erkennbaren Grund entfernt (z.B. weiter Stadtauswärts die Prager lang auf der linken Seite beim Parkplatz schräg Gegenüber vom technischen Rathaus). Man hat das Gefühl, besser erst mal wegmachen und dann sehen was kommt. Wenn in 5 Jahren gebaut wird, dann haben wir hier schon mal Platz geschaffen.

    Ist ja nicht, so dass die Städte immer wärmer und die Luft immer dreckiger wird und Leipzig keinen Zwang hat die Feinstaubwerte runter zu bekommen – dagegen hilft bestimmt eine grüne Welle damit die Fahrzeuge ungehindert zum nächsten Park kommen.

    Hier und in Stötteritz (http://www.ramschkasten.de/grosses-gemetzel-im-auenwald/2015/02/23/) sowie in anderen Stadtteilen nicht anders.

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    • Ist leider notwendig. Wenn der Wildwuchs höher und höher wird, kann es passieren, dass das Grünflächenamt die Grundstücke zu Wäldern oder Biotopen erklärt und dann war es das mit der Bebauung und das Grundstück ist wertlos. Ausgleichsmaßnahmen sind vollkommen unangebracht. Durch wen denn und warum? Es handelt sich ja nicht um „echte“ Parks oder Waldstücke, sondern um Brachen, teilweise durch den 2.WK, teilw. durch DDR-Verfall entstanden.
      Auch das Feinstaubargument ist unüberlegt. Leipzig ist im Moment eine stark wachsende Großstadt, es werden zwangsläufig mehr und mehr neue Wohnungen entstehen müssen. Ökologisch sinnvoller ist es, wenn dazu erst innerstädtische Brachen genutzt werden, statt am Stadtrand die Flächen zu zersiedeln. Die Menschen die innenstadtnaher wohnen, brauchen kürzere Wege und sind seltener auf ein Auto angewiesen, d.h. weniger Emissionen und Energieverbrauch (und mehr Zeit).

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  2. Hat dies auf Leipziger Kulturgeschichten rebloggt und kommentierte:
    Connewitz – Das Stadtteil-Blog hat den Blick nach Thonberg gewagt und entdeckt, dass der seit dem Magistralenbau der Prager Straße, ehem. Leninstraße, 1992 entstandene Park abgeholzt wurde. Dort soll ein Studentenwohnheim entstehen. Man muss aber zur Vorgeschichte auch wissen, dass die Leninstraße noch zu DDR-Zeiten eine Art Kultur- und Einkaufsmeile war, ähnlich wie die Georg-Schwarz-Straße in Leutzsch, die Lützner Straße in Plagwitz/Lindenau, die Eisenbahnstraße in Neustadt-Volkmarsdorf, die Wurzner Straße in Volkmarsdorf usw. Dass diese Grünfläche verschwindet zugunsten eines Studentenwohnheims mit Einkaufsflächen ist daher ein Stück weit auch Stadtentwicklung in die richtige Richtung. Vorher waren an dieser Stelle zwar ein verfallenes Haus und ein staubiger Parkplatz. Aber diese Ecke war ganz früher schon bebaut gewesen. Dass dieser Abschnitt im Scharnier Mühlstraße/Stötteritzer Straße/Prager Straße wieder belebt werden soll, könnte dem Stadtteil insgesamt wieder zu gute kommen. Denn mit dem Umbau der Leninstraße zur Magistraltangente zum Alten Messegelände verschwand in diesem Gebiet auch ein wenig urbane Kultur. Die wird hoffentlich in einem der interessantesten strukturierten und geschichtlich homogensten Stadtteilen wieder zurückkehren.

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  3. Ich wohne direkt hier an der Ecke und bis jetzt wurde nur Alles Abgeholtzt. Es stehen Stahlcaontainer gegenüber des Ehemailgen Park’s wo Anscheinend Werkzeug drin gelagert ist oder sie stehen einfach nur leer. Aber wie gesagt bis Heute wurde da noch nicht ein Handschlag weiter gearbeitet. !! Mfg

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  4. Pingback: Wie es weiter geht? | Connewitz

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