Linksunten – Demo sorgt für fragwürdiges Medienecho

Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig.
Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig.

Am 25.01.2020 fand in Leipzig eine Demonstration gegen das Verbot von Linksunten.Indymedia.org statt. Sie begann stationär vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo am 29.1.2020 über die Rechtmäßigkeit dieses Verbotes verhandelt wird.

Gemeinsam mit einem Kollegen begleitete und dokumentierte ich die Demo.

Argumente gegen das Verbot

Zum Auftakt trafen sich circa 500 Demonstranten auf dem Simsonplatz. Es wurden Reden verschiedener Autoren verlesen, die die Bedeutsamkeit der im August 2017 verbotenen Internetplattform für die gesamte Linke Szene unterstrichen. Auf Linksunten würden nur zu einem sehr geringen Anteil Bekennerschreiben veröffentlicht, die aber maßgeblich als Begründung für das Verbot angeführt wurde. Linksunten war vielmehr eine wichtige Informationsquelle zu vielfältigen gesellschaftlichen Themen, die sonst kaum ein anderes Medium in die Öffentlichkeit trägt.

Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig.
Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig.

Misstrauen gegenüber den Journalisten

Schon auf dem Simsonplatz zeichnete sich ab, dass die versammelte Menge sehr skeptisch gegenüber den zahlreich anwesenden Medienvertretern war. So beobachteten wir, dass ein Kamerateam eines großen Nachrichtensenders lange Zeit vergebens versuchte Interviewpartner zu finden. Und auch wir wurden auf unsere Kameras angesprochen und mehrfach in Gespräche verwickelt, die deutlich machten, dass es nicht erwünscht war die Ereignisse zu dokumentieren. Wir konnten ebenfalls beobachten, dass Pressevertreter bedroht und davon abgehalten wurden, ihrer Arbeit nachzugehen. Ist dies auf einer Demonstration, die für freie Berichterstattung steht, wirklich notwendig?

Für dieses Misstrauen gibt es gute Gründe. Wie sich später noch zeigen sollte, hatten sich zum Beispiel Vertreter des rechten Compact Magazins unter die Demonstranten gemischt, Videos veröffentlicht und damit geprahlt, dass sie unentdeckt berichten konnten.

Aber auch großen Medien, von denen wir neutrale und vielseitige Berichterstattung erwarten, fokussierten sich ausschließlich auf die kurze Eskalation, auf die wir später noch eingehen.

Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Simsonplatz.
Auftakt der Demo am Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Simsonplatz.

Unstoppable – Beeindruckend große Teilnehmerzahl

Nach Abschluss der Redebeiträge startete der Demozug schnellen Schrittes über die Harkortstraße und Riemannstraße, hinauf zur Karl-Liebknecht Straße. Nach einiger Zeit stieg die Zahl der Teilnehmer rasant an. Aus den anfangs circa 500 Teilnehmern wurden schnell circa 2000.

Auf mitgeführten Transparenten waren die Slogans „Wir sind alle Linksunten! Unsere Solidarität gegen Eure Repression!“, „Keine Partei ist die Alternative“, „Alles muss man selber machen“ und wenige andere zu lesen.

Demozug an der Nato / Killiwilly.
Demozug an der Nato / Killiwilly.

Eskalation von circa 10 Minuten prägt die gesamte mediale Berichterstattung

Auf der Kreuzung zur Kurt-Eisner-Straße kam der Demonstrationszug erstmals ins Stocken, als es zum Anzünden von Knallkörpern, Bengalos und Feuerwerk kam. Kurz darauf gingen an der Fichtestraße die Scheiben eines Konsums zu Bruch, als vermummte Demoteilnehmer mit Steinen nach Polizisten warfen. Die Scheiben von drei Autos und einer LVB-Haltestelle wurden kurz vor und auf der Richard-Lehmann-Straße ebenfalls zerstört.

Karl-Liebknecht-Straße Ecke Kurt-Eisner-Straße.
Karl-Liebknecht-Straße Ecke Kurt-Eisner-Straße.

Tatsächlich ging diese Gewalt aber nur von einem kleinen Teil der Demonstranten aus. Leider wurde aber in einem Großteil der medialen Berichterstattung nur auf diese kurze Eskalation Bezug genommen.

Vielleicht hätte das außergewöhnlich große Kommunikationsteam der Polizei dieser Situation präventiv begegnen können?

Kommunikationsteam steht blos rum. Steinstraße.
Kommunikationsteam steht untätig an der Steinstraße.

Die Demonstration steht auf der Kippe

Als Reaktion auf diese Geschehnisse stoppte die Polizei auf Höhe der HTWK den Demonstrationszug. Zu diesem Zeitpunkt schien es aus unserer Sicht unwahrscheinlich, dass die Demonstration ihr Ziel, den Herderplatz, noch erreichen wird. Auch war nicht abzusehen, wie die Polizei, die nun in voller Schutzausrüstung die Straßen absperrte, weiter verfahren würde.
Die Veranstalter kritisierten jetzt über den Lauti die Eskalation scharf und beendeten die Versammlung. Darauf hin zerstreute sich der größte Teil der Teilnehmern in alle Himmelsrichtungen.

Einen Ausweg aus der Pattsituation ergab sich, als es nach circa 30 Minuten Stillstand zur Neuanmeldung einer spontanen Demonstration kam, die richtiger Weise genehmigt wurde. Sie startete 20 Uhr. Circa 400 verbliebene Teilnehmer liefen ohne weitere Vorkommnisse auf der ursprünglich geplanten Route zum Herderplatz in Connewitz.

Dort kam es zu einer Abschlusskundgebung und die Versammlung wurde friedlich beendet.

Fazit

Aus unserer Sicht hat die Polizei diesmal vieles richtig gemacht, um einen weitesgehend friedlichen Verlauf der Demo zu gewährleisten. Das wird natürlich auch den vielen Beobachtern und mit Sicherheit auch der schier unerwartet großen Anzahl an Demonstranten zu verdanken sein. Umso unverständlicher ist für uns das Medienecho, welches sich ausschließlich auf die Gewaltmomente fixiert.

Connewitzer Kreuz.
Der Demozug überquert das Connewitzer Kreuz.

Abschließend würde uns brennend interessieren, wie Euer Fazit zur Demo am 25.01.2020 in Leipzig lautet. Bitter ergänzt unsere Beobachtungen in den Kommentaren.

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