
Die Immobilienmakler Hähnlein & Krönert laden zur Vorabbesichtigung der sanierten Villa Steyer ein. 4000€ kostet der Quadratmeter „Familienwohnung“ im hippen Szeneviertel im Süden von Leipzig.
In der Nacht davor wurde die Außenfassade, des fast fertigen Bauwerkes in der Mühlholzgasse, weithin sichtbar mit Farbe verschönert. Die Botschaft an alle Kaufinteressenten lautet: wer in Luxusbauten in Connewitz investiert, kauft sich zu den goldenen Wasserhähnen jede Menge Ärger hinzu.

Passend dazu schützt ein einzelner Security Typ im Yakuza Pullover die Veranstaltung. Inzwischen also alles business as usual, im linksalternativen Viertel?
All zu viele Käufer ließen sich, am ersten Tag der offenen Besichtigung, dann auch nicht blicken. Ebenso wenig gab es offenen Protest der linken Szene, der über die Farbbeutel in der Nacht hinaus ging.

Hähnlein & Krönert prahlen derweil im Internet damit „mit großem Respekt vor den urbanen Besonderheiten des quirligen Stadtteils Connewitz“ [..] „Familien ein angenehmes Leben in ruhiger Umgebung zu ermöglichen.“ – es quirlen Hohn und Spott aus jedem Satz des Werbetextes.
Fakt ist, dass der Frieden der zukünftigen Eigentümer mit hohen Toren und fensterlosen Mauern in den zwei unteren Etagen gesichert wird. Dass sich, angesichts eines wahnwitzigen Verkaufspreises von rund 4000€/m², die Mieten der umliegenden Einwohner in den nächsten Jahren weiter steil nach oben entwickeln werden, ist so gewiss wie das Amen in der Kirche.
Das muss dieser große Respekt vor den gewachsenen Strukturen des hippen Kiezes sein, von denen Hähnlein & Krönert in ihrer Anzeige sprechen. Der Flair des naturnahen, familienfreundlichen jungen Stadtviertels, den sie bewahren wollen.

Schon im Sommer 2020 werden die Bau~ und Sanierungsarbeiten an der Villa Steyer abgeschlossen sein. Es bleibt spannend, wie oft der Prachtbau, nur einen Steinwurf vom Conne Island entfernt, in den kommenden Monaten noch Ziel der Stadtteil typischen Verschönerungen wird.
Bis die nächsten Luxusbetonbauten die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
- Denn fast zeitgleich entsteht gegenüber, im ehemaligen Leopoldpark, auf über 6000 m² ein weiteres Großprojekt mit „hochmodernen“ und unbezahlbaren Luxuswohnungen.
- Ein paar Meter stadteinwärts, neben der Metalkneipe „Black Label“ an der Wolfgang-Heinze Straße, dasselbe Trauerspiel.
- Am Polizeiposten, zwischen Bornaischer Straße und Biedermannstraße, entstehen Studentenappartements à 20m², für die zukünftige Immobilienmakler monatlich ~400€ Miete zahlen, Gemeinschaftsküche inklusive.
Von den Thalysia Höfen, die im Jahr 2018 fertig gestellt wurden, liest man, dass sie immer noch nicht komplett vermietet sind. Das nährt die Hoffnung, dass der Wohnungsmarkt von derart hochpreisige Wohnungen doch schon mehr als gesättigt ist.

Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass kein Investor die bezahlbaren Wohnungen baut, die Connewitz so sehr braucht und die es tatsächlich in seiner sozialen Struktur erhalten würden.
Schlussendlich muss ohne Illusionen festgestellt werden, dass Connewitz weiter unter Betongold begraben wird. Keinem einzigen Bauherren ist daran gelegen, den bestehenden Strukturen „Respekt“ entgegen zu bringen oder die soziale Zusammensetzung und damit den einmaligen Flair von Connewitz zu erhalten.